Field of Glory Renaissance (kurz FoG:R) ist eine Variante des FoG-Regelwerks für die Zeit von 1500 bis 1700, die leider ein gewisses Schattendasein führt. Im Prinzip interessiert mich die Epoche sehr, FoG:R macht auch einen guten Eindruck auf mich, aber ich komme leider zu selten dazu, es zu spielen. Da kam mir die Einladung aus Hannover zum ersten FoG:R-Turnier auf deutschem Boden gerade recht, also hieß es: nichts wie hin!
So ging es Freitags auf nach Hannover. Leider waren im Vorfeld zwei Mitspieler krankheitsbedingt abgesprungen, weshalb das Turnier mit fünf Leuten eher klein ausfallen sollte. Da damit nebenbei auch meine ursprüngliche Fahrgemeinschaft ausgefallen war, hatte ich mich kurzer Hand auf halber Strecke mit Martin verabredet, um zu ihm und Norbert ins Auto zu wechseln. Weiter ging es zu dritt, erst ins Hotel zum einchecken, und dann zum 3TH.
Dort trafen wir Christian und Henning, die uns als erstes ihre Clubräume zeigten. Und was für Clubräume! Vier (wenn ich mich richtig erinnere) große Räume, einer davon mit Küchenzeile, alles nur zum Malen, Basteln und Spielen, finanziert von 100 zahlenden Mitgliedern - sehr eindrucksvoll, ich gestehe Neid. Nachdem wir ausgestaunt hatten gab es noch das versprochene Meet & Greet nebst Nudeln vom Asiaten und dem Plan, Samstag und Sonntag jeder gegen jeden zu spielen.
Meine Armee
Ich hatte meine Colonial Spanish mitgebracht, eine Mischung aus regulärer europäischer Pike&Shot-Infanterie und aztekischen Hilfstruppen, dazu führte ich noch einige Einheiten Horse mit. Die prinzipielle Idee der Armee bestand darin, mit den Azteken den Nahkampf mit gegnerischer Infanterie zu suchen, während ihnen die Pike&Shot und die Reiter gegnerische berittene Truppen vom Leib halten. Größtes Problem der Armee ist die Moral: die besten Einheiten sind average, zwei sogar poor. Ein Great Commander sollte das wenigstens teilweise ausgleichen.
Spiel 1 - Norbert mit Holländern des dreißigjährigen Krieges
Der erste Gegener war eine klassische Armee des siebzehnten Jahrhunderts: reichlich Pike&Shot, drei Einheiten Kanonen, drei Einheiten Reiterei (leider von besserer Moral und vor allem moderner Ausrüstung als meine) und einer Einheit Dragoner. Der Plan war also klar: mit den Azteken dran, drauf und drüber, und zwar so schnell, dass die Verluste durch die holländische Artillerie nicht zu groß würden. Das funktionierte soweit, nicht zuletzt, weil die niederländischen Kanoniere an diesem Tag nicht recht treffen wollten.
Spannernder war für mich, ob es meinen Pike&Shot gelingen würde, die gegnerische Reiterei aufzuhalten. Das gelang zwar, aber Norbert hatte hier einen von mit nicht erwarteten Haken um ein Feld herum geschlagen und so erst meine Reiter zu fassen bekommen und nach Hause geschickt, bevor meine Infanterie am Ort des Geschehens war. Immerhin, insgesamt ein Sieg, wenn auch mit hohen Verlusten.
Spiel 2 - Martin mit Schweizern
Diesmal ging es gegen eine (für den von den Regeln abgedeckten Zeitraum) sehr frühe Armee - und zwar nicht irgend eine. Die Schweizer kamen mit vier ihrer berühmten Gewalthaufen daher - große, sehr gut moralisierte Infanterieeinheiten mit Piken und Hellebarden. Denen konnte ich nichts entgegensetzen, soviel war klar. Da auf der anderen Seite der Schweizer keine berittenen Truppen mitführte, dafür aber viel leichte Infanterie, konnte ich den Plan anpassen. Die spanische Infanterie sollte das Zentrum halten, während die Azteken und die Reiter an den Flanken, teilweise geschützt durch Gelände, Jagd auf die Light Foot machten. Eine Einheit leichte Artillerie, das Lager und eine Einheit, die nur aus Hellebardenträgern bestand, waren ebenfalls geeignete Ziele.
Das Ergebnis knapp zu nennen wäre eine Untertreibung. Ja, ich konnte die leichten Truppen der Schweizer größtenteils einfangen, die Hellebardenträger mit meinen Reitern besiegen (zwei Einheiten gegen eine, das war auch unfair), das Lager und die Kanonen erobern. Das Problem war der Einschlag der Schweizer Gewalthaufen (regeltechnisch Keile) in meine spanische Infanterie. Ich hatte die Keile mit meinen Truppen regelrecht umspült. Eine Attacke in die Seite eines Keils mit meinen Azteken sollte die Breite des Einschlags reduzieren und wenn dann meine Spanier nur ein kleines Weilchen hielten sollte der Rest meiner Armee im Rücken der Gewalthaufen angelangen. Dumm nur: zwischen Einschlag der Keile und Bruch meine Pike&Shot verging deutlich weniger als ein Weilchen, die Schweizer gingen durch mich durch wie Butter, und auch die Azteken, die von der Seite in einen Keil attackiert hatten, wurden relativ schnell besiegt. Erst als ich dann diesen Keil von vorne und aus dem Rücken attackieren konnte, zeigten sich die Bergbauern beeindruckt. In buchstäblich letzter Sekunde konnte ich dann durch grandioses Würfelglück eine weitere Einheit leichte Infanterie einfangen und gewinnen. Martin fehlte nur ein einziges Pünktchen, dann wäre der Sieg ihm gewesen. Technisch gewonnen, moralisch unentschieden, ich habe Respekt vor Keilen gelernt.
Spiel 3 - Christian mit Franzosen der Italienischen Kriege
Im dritten Spiel traf ich auf Christian mit Franzosen der Italienischen Kriege. Die Armee deckt nicht nur die gleiche Zeit ab wie Martins Schweizer, sie besteht auch im Kern aus Schweizern - drei Keilen. Dazu kamen hier zwei Einheiten Gendarme (also im Prinzip Ritter) sowie vier Einheiten leichte Infanterie und eine Einheit schwere Artillerie. Ich hatte Glück mit dem Gelände - es war so dicht, das Christians Kampfeinheiten auf einen schmalen Streifen am (von mir aus gesehen) rechten Spielfeldrand eingeschränkt waren, der auch noch an einem ummauerten Feld in meiner Tischhälfte endete. Links davon gab es immerhin eine Lücke im Gelände. Da sich meine Azteken im Gelände sehr wohl fühlen, musste ich also nur das Gelände nehmen und die eine relevante Lücke mit meinen Pike&Shot halten. Immerhin, ich hatte gegen Martin erlebt womit ich rechnen müsste, wenn die Keile dort einschlügen.
Christian tat mir indes den Gefallen, seine Schweizer recht lange in ihrer Ausgangsituation zu belassen. Statt dessen zog er ausschließlich die leichten Infanteristen und die Gendarmen vor. Die Light Foot konnte ich fangen, die Gendarmen blieben vor dem Feld in meiner Tischhälfte und meiner Pike&Shot stehen, wo sie zwar erstaunlich lange aushielten, aber doch irgendwann zusammengeschossen wurden. Schließlich konnte ich die Reste der Armee umgehen und das Lager und die Artillerie erreichen. Die Schlacht war gewonnen, bevor die (mittlerweile in Bewegung gesetzten) Keile ernsthaften Schaden anrichten konnten.
Spiel 4 - Henning mit War of the League of Augsburg Anglo-Dutch
Das letzte Spiel ging gegen die späteste Armee im Feld. Die bestand zu großen Teilen aus späten Pike&Shot mit fünf Basen Shot und nur einer Base Pike, die dazu noch mit Regimentskanonen ausgestattet waren. Reichlich Artillerie kam dazu.
Das Gelände war zwar nicht ungünstig für mich, aber ich muss zugeben, dass ich mich schlicht nicht in den Beschuss hinein traute. Irgendwie hatte ich nicht das Zutrauen, meine Einheiten auch nur ansatzweise intakt in den Nahkampf zu bekommen. Also machte ich mich in Richtung Gelände, blieb aber (Feigling) außerhalb der Schußreichweite. Das brachte Henning dazu, mir entgegen zukommen - wohl etwas zu sehr, denn er ging teilweise sogar ins Gelände. Auf meiner rechten Flanke kam seine einzige Einheit Reiter (Determined Horse), unterstützt von einer Einheit Dragoner vor und verprügelte im Laufe des Spiels zwei meiner drei Einheiten Horse. Die dritte Einheiten konnte das Problem aber schließlich aus der Flanke lösen. Was den Rest angeht - war blöd, ich hätte mich einfach trauen sollen, denke ich. Meine Warrior, nun in den Nahkampf gezwungen, machten tatsächlich ihren Job, auch außerhalb des Geländes. Ich
merke es mir fürs nächste Mal - dann geht's bestimmt schief.
Fazit
Ich habe ja noch nicht so viel FoG:R gespielt, und so habe ich einiges gelernt - auch über die Regeln, wo ich doch noch ein paar Details entdeckte.
Völlig überraschend für mich war, dass sich ausgerechnet die Armeen, die auf Nahkampf setzten, im Turnier durchsetzen konnten. Ich hatte - wie wohl einige andere auch - bisher den Eindruck, dass FoG:R weniger gut ausgewogen sei als FoG:AM und spätere Armeen generell bevorteilt seien. Diesen Eindruck muss ich definitiv revidieren.
FoG:R ist ein wirklich gutes Spiel, dass sehr vielfältig sein kann. Dies fiel vor allem auf, als Samstag Nachmittag an einem Tisch mit Schweizern gegen Franzosen zwei sehr frühe, am anderen Tisch mit den beiden Niederländischen Armeen zwei späte Armeen gegeneinander antraten. Es entwickeln sich wirklich sehr unterschiedliche Spiele, die aber beide funktionierten und interessant waren.
Mein Dank geht an meine Mitspieler, insbesondere an Christian und Henning für die freundliche Aufnahme in diesen tollen Räumlichkeiten. Nächstes Jahr wieder?
Die Ergebnisse hat Martin bei tiny-soldiers gepostet, im Anschluss gibt es noch ein paar Fotos.
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Bodo (Mittwoch, 16 Oktober 2013 19:06)
Ja, auch FoG:R funktioniert! Es ist halt ein wenig restriktiver als FoG:AM.
So mal nebenbei. ich habe immer mehr den Eindruck, Du machst Dir 'nen Plan beim Spielen. Wenn dem so ist spiel ich am Samstag nicht gegen Dich. :o)